ANNE GRAEFER - APRIL 25, 2022

Was ist Unconscious Bias?

‘Unconscious Bias’ wird oft als ‘unbewusste Vorurteile’ übersetzt. Das ist aber nur teilweilse richtig. Genau genommen sind unconscious biases unbewusste Wahrnehmungsverzerrungen, die ganz verschiedene Formen annehmen können. Verwirrt? Dann kann unser online Kurs ‘Unconscious Bias’ (79,- Euro) oder dieser Blog Post plus Erklärvideo weiterhelfen:

Eingangs ist mal festzuhalten, dass wir als Menschen unterschätzen, wie viel unser Gehirn ‘unbewusst’ macht. Eric Kandel, ein Neurowissenschaftler an der Columbia University, der für seine Arbeiten über das Gedächtnis mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, schätzt, dass unser Gehirn zu 80-90 % unbewusst arbeitet. Das ist eine ganz Menge. Also auch wenn wir von uns selbst denken, dass wir relativ bewusst durchs Leben zu gehen, ist das gar nicht möglich. Denn unser Gehirn erhält jede Sekunde circa 11 Millionen Informationsteilchen, kann aber nur um die 40 davon bewusst verarbeiten. Und genau hier kommt unconscious bias ins Spiel:

Denn damit wir das alles schaffen, benutzen wir zwei Gehirne, oder besser gesagt zwei verschiedene Denksysteme: Unser bewusstes Denken, das sehr analytisch ist, mit Fakten und Daten arbeitet, nur eine sehr geringe Kapazität hat und Informationen langsam verarbeitet. Und unser unbewusstes, automatisches Denken, das von Gewohnheit und Intuition geprägt ist, über eine große Kapazität verfügt und schnell arbeitet.

Dank dieses unbewussten Teils haben wir die Fähigkeit, schnell auf Bedrohungen wie Gegenverkehr zu reagieren oder blitzschnell die Mimik, Gestik oder Gefühlslage anderer Menschen zu entschlüsseln. Und es funktioniert so schnell, weil der Mensch die Fähigkeit hat, aus Wiederholungen zu lernen und Muster zu erkennen. In Mustern zu denken optimiert die Reaktionszeit so stark, dass wir quasi automatisch reagieren. In seinem Buch ‚Thinking, Fast and Slow‘ bezeichnet der Nobelpreisträger Daniel Kahneman die unbewusste, automatische Denkweise als System 1 und analytische Denkweisen als System 2.

Wie kann das konkret aussehen?

Ein konkretes Beispiel dafür, wie unsere beiden Denk- Systeme im täglichen Leben zusammenarbeiten, ist das Autofahren. Autofahren an sich ist eine sehr komplizierte Tätigkeit, aber erfahrene Autofahrer*innen können problemlos fahren und nebenbei ein intensives Gespräch mit dem Beifahrer führen. System 1, unser unbewusster Teil, übernimmt hier die Aufgabe fürs Fahren. System 2 unser bewusstes Denken, übernimmt derweilen die Aufgabe für das Gespräch mit dem Beifahrer.

Wenn die Straße jetzt plötzlich voller wird und unübersichtlich, dann wird System 2 für Autofahren aktiv und ich kann mich nicht mehr so gut auf das Gespräch konzentrieren, weil die Ressourcen jetzt woanders gebraucht werden. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass unsere beiden Denksysteme für schnelles und langsames Denken zusammenarbeiten, und wir deshalb oft nicht wissen, ob wir jetzt bewusst oder unbewusst unterwegs sind.

Wo liegt nun das Problem?

Wie wir gehört haben, ist unser intuitives, unbewusstes Denken deshalb so schnell, weil unser Gehirn hier Muster erkennt und blitzschnell das, was es sieht, zuordnet. Und du ahnst es wahrscheinlich schon, aber genau da kann das Problem liegen, denn diese Muster sind nicht neutral und objektiv, sondern sie können ganz schön stark von unseren Vorurteilen geprägt sein.

Die Denkmuster, die wir für schnelles Denken brauchen, basieren auf unseren Erfahrungenund Erinnerungen. Aber sie basieren auch auf den Informationen, die wir aus unsererUmgebung, unserer Kultur und unserer Gesellschaft gewonnen haben.

Und diese Denkmuster werden täglich weiter trainiert und verstärkt durch die Medien, die wirkonsumieren, oder Gespräche, die wir hören und durch die Sprache, die wir verwenden. Und so können Denkmuster manchmal falsch sein, weil sie auf Stereotypen und Vorurteilenberuhen, die in unserer Gesellschaft zirkulieren und immer weiter kommuniziert werden.

Wenn wir aber mal faktenbasiert darüber reflektieren würden, würden wir so manchesMuster aussortieren. Zum Beispiel das Muster, das unser Gehirn denken lässt, dassMenschen, die uns ähnlichsehen, besser sind als andere.

Genau, das passiert aber beim Affinity Bias: Wir haben eine unbewusste Präferenz gegenüber Menschen, die uns in Art, Verhalten oder Aussehen ähneln. Diese Präferenz konnte man sogar bei neurologischen Untersuchen am Gehirn nachweisen: Testpersonen wurden hier Bilder von verschiedenen Gesichtern gezeigt. Bei denjenigen Gesichtern, die sich erheblich von ihren eigenen unterscheiden, wurde innerhalb von Millisekunden Aktivität in der Amygdala aktiviert, dem Teil unseres Gehirns das uns auf mögliche Gefahren aufmerksam macht (Santos et al. 2016).

Evolutionsgeschichtlich betrachtet, könnte diese Reaktion ein Überbleibsel sein aus einer Zeit, in der es lebensgefährlich war, auf Menschen außerhalb der eigenen Gruppe zu stoßen. Heutzutage brauchen wir das nicht mehr, aber unser Gehirn hat kein Update gemacht.

Was tun?

Unconscious Bias sind also kognitive Wahrnehmungsverzerrungen, die passieren, wenn unser Gehirn denkt, ein bekanntes Muster erkannt zu haben und so blitzschnell Menschen und Dinge in Kategorien packt, die eigentlich nicht stimmen (Banaji & Greenwald 2016).

Wir wissen jetzt auch, dass wir alle Unconscious Bias haben. Das heißt nun aber nicht, dasswir nichts dagegen tun können. Die Forschung zeigt immer wieder, dass wir uns zwar nichtkomplett von unbewusster Voreingenommenheit befreien können, aber wir können lernen, die Wirkungen von Unconscious Bias abzuschwächen und abzufedern, um so bessere undbewusstere Entscheidungen zu treffen.

References:

Banaji, Mahzarin R. & Greenwald, Anthony G.(2013). Blindspot: Hidden Biases of Good People. Delacorte Press.

Forscher, Patrick S. et al. (2017). Breaking the prejudice habit: Mechanisms, timecourse, and longevity. In: Journal of Experimental Social Psychology. Vol. 72.

Hollingworth, C. ; Barker, L. (2019). New Frontiers: Re-estabilshing system1/system2 Truths. ResearchLive avaiable at : https://www.research-live.com/article/opinion/new-frontiers-reestablishing-system1system-2-truths/id/5057422

Kahneman, D. (2011). Thinking, Fast and Slow. Farrar, Straus and Giroux.

Oberai, H. and Anand, I.M. (2018), "Unconscious bias: thinking without thinking", Human Resource Management International Digest, Vol. 26 No. 6, pp. 14-17.

Santos S, Almeida I, Oliveiros B, Castelo-Branco M (2016) The Role of the Amygdala in Facial Trustworthiness Processing: A Systematic Review and Meta-Analyses of fMRI Studies. PLoS ONE 11(11): e0167276. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0167276

Warum ausgerechnet wir?

“We speak the same language with Anne since our first meeting. She is an open, natural, knowledgeable communicator and a flexible business partner. Happy to develop together with her on our globally implemented Unconscious Bias workshops.”

— Sevkan Bolu, Global HR Manager, Vaillant Group
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